Die Macht des Handels gegenüber den Bauern

Die Nachfrage beeinflusst das Angebot – genau dieser Fakt bedingt, dass die Landwirte in Deutschland stark davon abhängig sind, welche Preise der Handel aktuell zu zahlen bereit ist. Als Produzent haben die Landwirte kaum einen Einfluss auf die Entwicklung der Preise.
Wollen die großen Discounter die Kosten für Lebensmittel senken, bleibt den Produzenten oftmals keine andere Wahl, als die Gegebenheiten anzupassen. Das hat nicht selten Auswirkungen auf die Qualität der Lebensmittel und die finanzielle Sicherheit der Bauern sowie ihrer Familien.

Der Lebensmittelhandel besitzt eine große Marktmacht

In der Regel sind es nicht die kleinen Läden an der Ecke, welche den Bauern die Preise regelrecht diktieren, sondern die großen Ketten. Gerade in Deutschland ist der Anteil an Discounter sehr hoch. Diese möchten sich wiederum mit den Preisen für ihre Waren überbieten, um jeweils größere Marktanteile als die Konkurrenten zu sichern.
Verbraucher vergleichen die Preise für Obst, Gemüse, Milcherzeugnisse und von vielem mehr vor dem Einkaufen. Gekauft wird dort, wo der Preis pro Kilogramm gerade am günstigsten ist. Hier möchte natürlich jeder Markt genau der sein, der gerade unwiderstehliche Angebote hat. Kurzum: Je kleiner der Preis, desto höher der Umsatz.
Der Gewinn hängt wiederum davon ab, welche Einkaufspreise man mit den Bauern aushandeln kann. Weil die Discounter einer der größten Abnehmer für die angebauten Lebensmittel sind, haben die Landwirte hier kaum etwas entgegenzusetzen.
Nimmt ihnen Discounter x nichts mehr ab, bleiben Sie auf den Lebensmitteln sitzen. Werden diese schlecht, haben sie gar keinen Gewinn. Daher beugen sie sich dem Preisdiktat in vielen Fällen.

Was passiert, wenn Fleisch, Milch, Gemüse und Co. immer billiger werden

Auf den ersten Blick profitieren alle – Verbraucher, Lebensmittelmärkte und die Gastronomie als Großabnehmer – von den günstigen Preisen. Doch weil die Bauern unweigerlich einen Gewinn erwirtschaften müssen, um zu überleben, zahlen am Ende doch alle für billige Lebensmittel.
Die Landwirte können zum Beispiel nur wenig Rücksicht auf das Wohl der Nutztiere nehmen. Wenn Milch, Eier und Fleisch wenig kosten, müssen die Landwirte große Mengen mit kleinem Aufwand produzieren. Darunter leiden zum Beispiel die Milchkühe, welche auf sehr kleinem Raum gehalten werden und das billigste Futter bekommen.
Nicht nur das Wohl der Nutztiere ist gefährdet, sondern auch die Gesundheit der Verbraucher. Landwirte, die einen guten Gewinn erzielen, können sich eher um hochwertiges Futter für Nutztiere und weniger schädliche Pflanzenschutzmittel bemühen, ohne dabei gleich pleite zu gehen.

Wenige Unternehmen diktieren die Preise

Generell ist es ein Problem, dass es nur so wenige große Ketten gibt. Vor allem die großen Ketten sowie Aldi, Lidl, Edeka, Rewe und die Schwarz-Gruppe dominieren in Deutschland den Markt. Kleine sowie mittelständische Unternehmen gibt es kaum, die sich auf den Handel mit Lebensmitteln konzentrieren.
Das bedeutet, dass ein großer Teil der Landwirte nicht den kleinen Shop für frisches Gemüse an der Ecke oder den Marktstand auf dem Wochenmarkt beliefert, sondern die großen Lebensmittelmärkte. Diese nehmen wiederum so große Mengen ab, dass sie günstige Preise verlangen können.
In Deutschland ist vielen Verbrauchern der Preis wichtiger als die Qualität der Lebensmittel. Das wissen die großen Ketten ganz genau. Sie legen ihr Sortiment daher eher auf Kampfpreise aus, als auf eine kleine Auswahl an hochwertigen Lebensmitteln, die aus einem fairen Handel mit den ansässigen Bauern stammen.

Noch mehr Druck durch Lieferungen aus dem Ausland

Natürlich haben die Lebensmittelhändler auch die Möglichkeit, frisches Gemüse, Obst und viele tierische Produkte aus dem Ausland zu beziehen. Die Lieferketten wurden mit den Jahren immer flexibler und können inzwischen so günstig genutzt werden, dass sich die Bestellung im Ausland für den Discounter lohnt.
Aus diesem Grund können Händler die Landwirte noch weiter unter Druck setzen. Ganz nach dem Motto: Bietest du mir nicht den günstigsten Preis, kaufe ich im Ausland und du wirst keinen anderen Abnehmer für deine Lebensmittel finden. Das wäre für Landwirte fatal, weil ihre Existenz vom Absatz der Erzeugnisse abhängt. Deshalb verkaufen sie oftmals zu viel niedrigeren Preisen, als sie eigentlich angemessen wären.

Arbeitsbedingungen im Bereich Landwirtschaft ebenfalls beeinflusst

Neben der Qualität der Lebensmittel und dem Wohl des Tieres wird noch ein dritter Faktor ungünstig durch das Preisdiktat des Handels beeinflusst. Müssen die Landwirte zu einem sehr niedrigen Kurs verkaufen, sind sie gezwungen, alle laufenden Kosten so niedrig wie möglich zu halten, dazu gehören auch die Kosten für den Lohn.
Viele Landwirte greifen auf die Hilfen aus dem Ausland zurück, weil die Arbeiter für einen sehr niedrigen Lohn bei der Ernte, bei der Schlachtung oder zum Beispiel beim Melken sowie dem Transport helfen. Im Klartext heißt das: Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, weil auch hier gespart werden muss. Potenzielle Arbeitsplätze in Deutschland fallen weg.